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Polizei und Gebietsreform – das waren die maßgebenden Themen meiner diesjährigen Sommertour. Über sechs Landespolizeiinspektionen, eine Polizeiinspektion und das Landeskriminalamt führte die Reise quer durch Thüringen. Ziel dieser Sommertour war es, mit der Polizei sowie Kommunalvertreterinnen und -vertretern ins Gespräch zu kommen, die in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen Reformen begleiteten oder sich derzeit darauf vorbereiten. Abseits dieser Leitthemen wurde auch in weiteren Terminen klar, dass die Zukunft Thüringens nur im Dialog mit den Aktiven vor Ort gestaltet werden kann. Begleitet wurde ich dabei häufig von Mitgliedern der örtlichen bündnisgrünen Kreisverbände.
Polizei – wie geht es weiter nach der letzten Strukturreform?
In den sieben Tagen der diesjährigen Sommertour markierte der Besuch einer Landespolizeiinspektion meist den Auftakt des Tages. Neben dem Besuch des Landeskriminalamtes traf ich mich mit den zuständigen Leitern der Landespolizeiinspektionen in Saalfeld, Nordhausen, Gotha, Suhl, Gera und Jena sowie der Polizeiinspektion Ilmenau.
Zentrales Thema der Gespräche war die Personalsituation in der Thüringer Polizei. Die rot-rot-grüne Landesregierung hatte im vergangenen Jahr den Stellenabbaupfad der alten Landesregierung gestoppt. Derzeit wird von einer Expertenkommission ein Vorschlag u.a. zur zukünftigen Personalentwicklung erarbeitet. In allen Gesprächen wurde deutlich, dass dringend mehr neue Anwärter für den Polizeidienst in Meiniungen ausgebildet werden müssen. Das ist besonders wichtig, um den hohen Altersdurchschnitt in der Belegschaft und die damit verbundenen alters- und krankheitsbedingten Ausfälle kompensieren zu können. Hinzu kommt, dass die Familienplanung jüngerer Kolleginnen und Kollegen diese kurzfristig in Schwangerschaft und Elternzeit bindet. Interessant war auch die Diskussion um die Außenstellen der Landespolizeiinspektionen. Vonseiten der Polizei wurde der enorme personelle Aufwand dargestellt, den eine 24-Stunden-/7-Tage-Besetzung mit sich bringt. Dem gegenüber bin ich der Meinung, dass wir in der Fläche dringend weiter „Orte der Polizei“ benötigen. Über Kompromisse werden wir sprechen müssen.
Zur Lösung des Problems zeigten die Gesprächsteilnehmer durchaus unterschiedliche Ansätze auf. So wurde unter anderem über den Ausbildungsweg im Bildungszentrum der Polizei in Meiningen diskutiert. Eine dezentrale Ausbildung des gehobenen Dienstes, um mehr Personal für den mittleren Dienst in Meiningen auszubilden, wurde ebenso vorgeschlagen wie eine Blockausbildung, bei der Polizeischüler vierteljährlich die Kolleginnen und Kollegen in den Dienststellen unterstützen, um Praxiserfahrung zu sammeln.
Bei der Besetzung von Tarifstellen und dem Einsatz von Fachpersonal stellte sich ebenfalls eine Diskrepanz dar. In einigen Polizeistellen ersetzen, kurz- oder mittelfristig, Vollzugsbeamte Tarifbeschäftigte, da diese Stellen krankheitsbedingt nicht besetzt sind oder kein Personal zur Besetzung gefunden wurde. Hinzu kommt, dass u.a. das Landeskriminalamt bei der Suche nach Fachspezialisten, zum Beispiel für den Bereich „Cyber-Crime“, mit den Arbeitgebern der freien Wirtschaft und deren Konditionen konkurriert und dabei meist das Nachsehen hat. An diesem Punkt waren sich alle Gesprächsteilnehmer einig, den Polizei- und Kriminaldienst attraktiver für den Arbeitsmarkt zu gestalten.
Trotz der offenen personellen Fragen in den Polizeistellen konnte ich mich von deren professioneller Arbeit überzeugen. Bei durchschnittlich über 60% Aufklärungsquote in den Schutzbereichen der Landespolizeiinspektionen wurde klar, dass Straftäter in Thüringen nicht mal eine „fifty-fifty“-Chance haben, unerkannt davonzukommen. Ob in der Raumschießanlage der LPI Saalfeld oder bei der Hundestaffel West der LPI Gotha traf ich auf einsatzerfahrene Beamte, die in realitätsnahen Übungen die Herausforderungen des Polizeialltages aufzeigen konnten.
Weitere Themen in den Gesprächen waren Kriminalitätsschwerpunkte, baulicher Zustand der Liegenschaften sowie die Ausstattung der Dienststellen. Zusammenfassend ließ sich feststellen, dass die bundesweit für Aufsehen sorgenden Einbruchdiebstähle in Thüringen nicht überdurchschnittlich zugenommen haben. Dennoch bilden Diebstähle, ob groß oder klein, einen großen Anteil in der Fall- bzw. Kriminalstatistik der Landespolizeiinspektionen. Ein zunehmender Respektsverlust vor staatlichen Stellen, der den Vollzug im Dienst erschwert, konstatierten ebenfalls einige Beamte. Neben dem Personal wurde zudem ein hoher Investitionsbedarf in den Ausbau und die Sanierung der Liegenschaften der Thüringer Polizei angemahnt.
Zusammenfassend wurde in allen Gesprächen deutlich, dass in der Thüringer Polizei eine professionelle Aufklärung von Straftaten stattfindet sowie Präventionsberatung und Sensibilisierung der Bevölkerung einen hohen Stellenwert genießen. Eines wurde ebenso klar: Der Bevölkerungsrückgang in Thüringen führt in Relation zu keinem großen Rückgang der Straftaten.
Gebietsreform – Gestaltung der Zukunft Thüringens
Thüringen wird vom demografischen Wandel stärker betroffen sein als manch anderes Bundesland. Darum dürfen wir vor dieser Realität die Augen nicht verschließen, sondern müssen diesen Weg gestalten. Mit der Gebiets- und Funktionalreform geht die Regierungskoalition von LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein umfangreiches Projekt an. Hierzu traf ich mich mit Landrätinnen und -räten, Bürgermeistern und engagierten Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, um über künftige Kreis- und Gemeindestrukturen zu sprechen.
In den Gesprächen mit Klaus Bohl (Bürgermeister Bad Salzungen, Freie Wähler), Reinhard Krebs (Landrat Wartburgkreis, CDU), Petra Enders (Landrätin Ilm-Kreis, LINKE), Klaus Zeh (OB Nordhausen, CDU), David Ortmann (Bürgermeister Tabarz, SPD), Michaele Sojka (Landrätin Altenburger Land, LINKE), Albrecht Schröter (OB Jena, SPD) und Silvia Voigt (VG-Vorsitzende Südliches Saaletal, CDU) konnte ich für die Reform streiten, habe aber auch den Kritikern zugehört.
Als Befürworter der Reform sehe ich – zum Beispiel im Falle von Kreisfusionen –Vernetzungs- und Effizienzpotenziale in puncto ÖPNV, Abfallwirtschaft und Tourismus. Am wichtigsten aber ist die Möglichkeit, durch das Zusammenfassen von Verwaltungseinheiten wieder Strukturen zu schaffen, die auch größere kommunale Aufgaben lösen können. Das nun beschlossene Vorschaltgesetz ist der Fahrplan für diese Reform. Natürlich wurde von den Landrätinnen und Landräten angesprochen, welche möglichen Kreisfusionen sie eher befürworten und welche sie für ungeeignet halten. Für mich waren die Gespräche sehr wichtig, um etwas mehr über die Stimmung in den Regionen zu erfahren und im Gegenzug darüber zu informieren, dass die Regeln für die Kreiszusammenschlüsse durch das Vorschaltgesetz bestimmt werden. Der Innenminister wird dazu bald einen Vorschlag vorstellen.
Differenziert stellt sich die Lage in den Gemeinden dar. Diese sind aufgerufen, sich nach den Eckpunkten des Vorschaltgesetzes selbst Partner zu suchen. Kontrovers diskutiert wurde in meinen Gesprächen besonders die Frage der Verwaltungsgemeinschaften. Viele Vorsitzende der und Bürgermeister aus den VGen haben sich eine Fortführung dieses Modells gewünscht. Die Verwaltungsgemeinschaften sind aber kein Zukunftsmodell, weil das Nebeneinander von mehreren kleinen Gemeinden ohne echte Zusammenarbeit und solidarischen Ausgleich war.
Im Diskurs mit den Bürgerinnen und Bürgern, u.a. in Meiningen und Tabarz, wurden die Sorgen der Bevölkerung deutlich. So gibt es Befürchtungen, dass durch die Zusammenlegung von Gemeinden die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben nicht mehr hinreichend gesichert sei. Außerdem wurde eine Veränderung im politischen Raum Thüringens erwartet, da bisher ehrenamtlich Engagierten künftig der Zugang zur Mitbestimmung in und aus ihren Orten heraus erschwert werden könnte. Dieses oft angeführte Argument geht meines Erachtens an der Sache vorbei. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum sich ein Mensch in der Gemeinde weniger engagieren sollte, wenn diese zum Ortsteil wird.
Bestattungswälder, Forst, Flüchtlinge, Recycling, Naturschutz und Rasseliste – weitere Themen der Tour
Abseits der Themenschwerpunkte Polizei und Gebietsreform gab es noch weitere Themen auf der diesjährigen Sommertour.
Forstamt Marksuhl
Zu Gast im Forstamt Marksuhl konnte ich mit Forstamtsleiter Ansgar Pape und Bürgermeister Rolf Trostmann die Planung eines Bestattungswaldes im westlichen Thüringer Wald diskutieren. Die Zahl der Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern, die sich nach einem Platz erkundigen, so erzählte mir Herr Trostmann, nehme ständig zu. Er nannte zahlreiche Beispiele, in denen das Konzept eines Bestattungs- oder Friedwaldes funktioniere. Die Anregungen habe ich gerne mitgenommen und werde mir einen bestehenden Bestattungswald bald ansehen. Skepsis besteht bei mir aber weiterhin, ob es durch die Bestattungswälder nicht zu einer großen Veränderung in unserer Bestattungskultur kommt. Das ist nicht einerlei, denn für eine Gesellschaft und jeden Einzelnen sind ein Ort für Trauer und Rituale sehr wichtig.
Neben diesem Thema ging es zudem um eine Definition des Waldverständnisses. Der Wald steht heutzutage im Fokus vieler Nutzungsmöglichkeiten. So zum Beispiel als Schutz- oder Nutzungsfläche sowie als Tourismus-Standort. Dabei konnte ich lernen, dass u.a. der „natürliche Waldumbau“ gegenüber der Öffentlichkeit besser erklärt werden müsse, d.h. welche Flächen aus der forstwirtschaftlichen Nutzung genommen werden sollten, um alte Baumbestände zu schützen.
Die Erstaufnahmeeinrichtung am Friedberg
Gemeinsam mit Kai Philipps und Jörg Kuhlmann vom Thüringer Landesverwaltungsamt, OB Dr. Jens Triebel, Vertreterinnen des Wohnparks Friedberg und Mitarbeiterinnen der Dienstleister vor Ort ging es auf einen Rundgang durch die Häuser der Außenstelle, von denen derzeit einige renoviert werden oder wurden. Bei Kaffee und Tee blieb zudem Zeit für Gespräche mit den derzeit in der Einrichtung lebenden Geflüchteten. Im Dialog mit allen Beteiligten wurde deutlich, dass man in Thüringen nun besser gerüstet und strukturiert sei als im vergangenen Jahr. Während noch längst nicht alle Herausforderungen gelöst seien, könne man im Vergleich zu den vergangenen Monaten auf Kapazitäten und Erfahrungen zurückgreifen. Diese Einschätzung teilte auch Michael von Nordheim vom Jugend- und Vereinshaus „Nordlicht“, in dessen Obhut einige unbegleitete minderjährige Asylbewerber leben. Mit Hilfe des Jugendmigrationsdienstes werden diese in ihrer Alltagsgestaltung unterstützt, davon konnte ich mich bei einem Besuch überzeugen. Ziel der Arbeit mit den minderjährigen Geflüchteten ist es, ihnen zunächst Schutz, Geborgenheit und ein Zuhause zu geben, aber auch die Aufklärung über kulturelle und gesellschaftliche Gesetzmäßigkeiten in Deutschland sowie die Integration in die Gesellschaft zu leisten. Eine riesige menschliche Aufgabe bleibt es, diesen jungen Menschen zu helfen, das zum Teil furchtbare Erlebte verarbeiten zu können.
Wertstoffkreisläufe und Natur im Altenburger Land
Im Altenburger Land folgte nach dem Besuch im Landratsamt ein gemeinsamer Besuch des Recyclingzentrums mit Landrätin Michaele Sojka. In dem 2009 errichteten Abfallzentrum erklärte mir die Landrätin den Weg des Abfalls im Altenburger Land. Anschließend besuchten wir gemeinsam die Naturschutzstation Grünberg. In der Natura-2000-Station (eingeweiht am 11. August 2016) konnte ich ein Gespräch mit Doreen Rath vom Landschaftspflegeverband Altenburger Land sowie Birgit Seiler vom Fachdienst Natur- und Umweltschutz des Altenburger Landes führen. Von der Station aus werden die Pflege und der Schutz des europäischen Schutzgebietsnetzes koordiniert, d.h. konkrete Projekte für den Raum Altenburger Land, Greiz und Gera geplant und durchgeführt. Zudem konnte ich Kaulquappen auf dem Weg zur Unke begutachten.
Das herzliche wau, wau aus Weimar
Den Abschluss der Sommertour bildete ein Besuch in der Hundeschule Passion. Gemeinsam mit den Betreibern, der Familie Kümmel, sowie Patrick Hohmuth vom VDH-Landesverband, Vertretern des SoKa e. V., Sabine Berninger MdL, RA Dr. Wolfgang Müller und weiteren Hundehalterinnen und -haltern diskutierte ich über die Novellierung des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren. Nach dem Für und Wider zum Thema Rasseliste durfte ich dann einen sogenannten Kampfhund an die Leine nehmen und den anwesenden Hunden verschiedenster Rassen auf dem Übungsgelände der Hundeschule zusehen. Trotz des Verständnisses für die Halter dieser Tiere, musste ich immer wieder darauf hinweisen, dass es viele Menschen gibt, die ihre Angst vor diesen Tieren nur schwer ablegen können. Wie bei vielen anderen Sachverhalten ist es wohl auch hier so, dass alle Beteiligten viel miteinander reden müssen.
Zum Schluss möchte ich mich bei allen Menschen, die ich auf meiner Sommertour treffen durfte, für den offenen Austausch und besonders für die ehrliche Kritik bedanken!
Bis zum nächsten Jahr auf der Sommertour durch Thüringen!
Ihr Dirk Adams
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